Konzept

Unser Ziel ist es, Zwangsheirat in der Schweiz zu bekämpfen.

Die Fachstelle Zwangsheirat hat sich als Nichtregierungs- und Nonprofitorganisation in Pionierarbeit auf die Phänomene Zwangsheirat und Zwangsbeziehungen (wie Heiratszwang, Zwangsehe, Zwangsverlobungen aber auch Liebesverbote) spezialisiert. Die Trägerschaft der Fachstelle obliegt dem gemeinnützigen Verein Migration & Menschenrechte (www.migration.org).

Seit dem Jahr 2000 führt die Fachstelle Zwangsheirat aktive und teilnehmende Beobachtungen, Diskussionsrunden und Recherchen zur Thematik durch. Im Jahr 2001 fand nach lokalen Situationsanalysen die Gründung statt und nach umfassender Vorbereitung und Einarbeitung in die Problematik der Zwangsverheiratungen in der Schweiz erfolgte 2005 das «going-public»: Zum einen durch die Aufschaltung des Webportals www.zwangsheirat.ch (damals die erste umfassende Informationsquelle zu Zwangsheirat in der Schweiz) und zum anderen durch mehrere öffentliche Veranstaltungen. Der Kick-Off-Event ging im KKL Luzern über die Bühne. Die Fachstelle Zwangsheirat regte durch ihre Aktivitäten die Etablierung und zunehmende Enttabuisierung der Problematik Zwangsheirat wesentlich an; entsprechend nahmen Anfragen von (potenziell) Betroffenen und Beteiligten, Fach- und Schlüsselpersonen oder auch Behörden in der Schweiz stetig zu.

Die Fachstelle Zwangsheirat ist seit Beginn Partnerorganisation des Bundes zur Bekämpfung von Zwangsheiraten in der Schweiz.

  • Von 2009 bis 2013 als eine von vier Partnerorganisationen des Bundesamtes für Migration (BFM) im Bereich der nationalen Modellvorhaben
  • Von Juli 2013 bis August 2017 als Partnerin im «Bundesprogramm Bekämpfung Zwangsheiraten»
  • Von April 2015 bis Ende 2017 als überregionales Kompetenzzentrum Zwangsheirat im Rahmen des genannten Bundesprogramms
  • Seit 2018 als nationales Kompetenzzentrum des Bundes

Als assoziierte Partnerorganisation des breit abgestützten EU-Projekts Daphne «Active Against Forced Marriage» war die Fachstelle Zwangsheirat von 2007 bis 2009 an der Ausarbeitung von europäischen Massnahmenempfehlungen gegen Zwangsheirat beteiligt und pflegt auch heute noch den überregionalen und internationalen Austausch. Die Zusammenarbeit hat Synergien hervorgebracht und der Austausch von Erfahrungen aus anderen Ländern wirkt befruchtend auf die Arbeit der Fachstelle.

Die Fachstelle Zwangsheirat wurde 2010 mit dem Menschenrechtspreis des «International Human Rights Forum Lucerne» ausgezeichnet. Auf der Grundlage ihrer umfassenden Erfahrungen in Beratung und Coaching hat die Fachstelle ein spezifisches und dynamisches Beratungsmodell («RSP-Modell»: regressive, subversive und progressive Auflösung der Zwangssituation) entwickelt, das mittlerweile auch über die Landesgrenzen hinaus Beachtung findet. Kern dieser Konzepte sind die problem- und fallzentrierte, aber auch auf bisherigen Erfahrungen aufbauende Analyse und das davon abgeleitete individuelle Entwickeln von Bewältigungsstrategien, das mit steter Mitwirkung der Betroffenen geschieht. Im Idealfall mündet die Befreiung aus einer Zwangsbeziehung (Verlobung, Heirat, Ehe) nicht in einem Beziehungsabbruch mit Familie und Verwandten der Betroffenen, sondern im schrittweisen Entwickeln von für alle tragbaren, nachhaltigen und damit progressiven Lösungen.

Mit dem «Modèle Berne» hat die Fachstelle Zwangsheirat zusammen mit den Berner Behörden ein Modell der effektiven und effizienten fallspezifischen Zusammenarbeit entwickelt. Dieses Modell der engen Verzahnung von Massnahmen auf behördlicher und NGO- Ebene wurde unlängst in den Medien rezipiert. Wir sind daran, dieses Modell für andere Kantone und die überregionale Zusammenarbeit auszubauen und zu verbreiten. Konkret und als erstes Beispiel dafür hat die Fachstelle zusammen mit dem Polizeiinspektorat Bern im August 2017 das Instrument der «eidesstattlichen Erklärung» entwickelt, die schweizweit genutzt werden kann.

Mit dieser Website leisten wir einen Beitrag für von Zwangsbeziehungen betroffene Personen. Wir geben ihnen die Möglichkeit, uns zu kontaktieren und gemeinsam mit uns eine Veränderung ihrer Situation herbeizuführen. Dabei ist es uns wichtig, mit den Betroffenen in einen Dialog zu treten und ihre Situation individuell zu begleiten.

Gleichzeitig wenden wir uns an Personen, die beruflich oder privat mit Zwangsbeziehungsbetroffenen zu tun haben oder sich wissenschaftlich oder politisch damit beschäftigen. Dazu braucht es ein umfangreiches Wissen. Dieses erarbeiten und erweitern wir ständig durch Forschungstätigkeiten, Austausch mit Behörden und Fachpersonen, Gesprächen mit Betroffenen und den Blick auf die Situation in anderen Ländern. Wir stellen vorschnellen Urteilen und Vorurteilen verschiedene Zusammenhänge und Analysen entgegen. Das ist anspruchsvoll, aber lohnenswert: Denn nur so kommen wir dem Ziel näher, Menschenrechte nachhaltig zu verankern.

Die Vorgehensweise bei der Fachstelle Zwangsheirat setzt sich grob aus folgenden sechs Bereichen zusammen:

  1. Projektaktivitäten zur Prävention und zum Schutz
  2. Coaching für Berufspersonen und Beratung mit Betroffenen
  3. Weiterbildungen und Workshops
  4. Forschung und Begleitung
  5. Vernetzung von Stakeholdern
  6. Öffentlichkeits- und Medienarbeit

Arbeitsweise

Wir sind ein vielfältiges Team, in dem Personen mitarbeiten, die über mehrjährige Erfahrung in der Konzipierung und Durchführung von Projekten und in der Projekt- und Vereinsarbeit verfügen. Wir gehen nach bewährten, professionellen und sorgfältig auf unsere Projektblöcke angepassten Projektmanagement-Grundsätzen vor. Dies nicht nur, was einzelne Projektphasen (Skizzierung, Konzipierung, Planung, Realisierung, Evaluierung) angeht, sondern auch was Teamführung und die Verantwortlichkeiten anbelangt (Projektmarketing, Corporate Identity, Team and Individual Capacities, Monitoring, Alignment etc.). So versuchen wir für eine dem anspruchsvollen Thema adäquate hohe Qualität zu bürgen und professionellen Standards zu genügen.